Kriegsschauplatz NÖ 2 / 10
Das Marchfeld, ein heiß umkämpfter Boden
Kaum ein anderes Drama ist in Österreich so bekannt wie „König Ottokars Glück und Ende“. Am 12. Februar 1823 begann Franz Grillparzer mit der Niederschrift des Trauerspiels. Auf der Suche nach einem spannenden Stoff hatte er ursprünglich an den glanzvollen Aufstieg und den tiefen Fall Napoleons gedacht. In Zeiten der Zensur fürchtete er aber, dass ein solches Drama auf Widerstand stoßen könnte. Der Gegenspieler Napoleons – Kaiser Franz I. – lebte noch und hatte im Kampf gegen seinen übermächtigen französischen Gegenspieler nicht gerade Ruhm eingeheimst. Das Schicksal Ottokars lag dagegen viel weiter zurück, und sein Überwinder, der Habsburger Rudolf I., bot eine glanzvolle Projektionsfläche für den jetzt regierenden Habsburger. Nach nur 26 Tagen war der Text abgeschlossen. Dann landete er für zwei Jahre in der Schublade des Zensors. Erst eine Intervention der Kaiserin Carolina Augusta ermöglichte die Aufführung des Stückes. Der Erfolg war groß, der Applaus nach der Premiere wollte nicht enden.
Der Ausgang der Schlacht auf dem Marchfeld am 26. August 1278 entschied nicht nur über das
Abb. 1: Ottokar II. Přemysl, aus der sog. Zwettler Bärenhaut, 1310/11. Stift Zwettl, Stiftsarchiv (© IMAREAL) |
Ottokar war der Zweitgeborene. Zunächst ruhten die Hoffnungen seines Vaters Wenzels I. auf dem Erstgeborenen Vladislav. Als dieser früh starb, setzte Wenzel 1247 Ottokar als Markgraf von Mähren ein. Das Verhältnis Vater – Sohn war nicht ungetrübt. Nur ein Jahr später stellte sich Ottokar auf die Seite aufständischer böhmischer Adeliger und ließ sich von diesen zum „jüngeren König“ wählen. Der Krieg währte einige Monate. Nach Anfangserfolgen konnte König Wenzel seinen Sohn und dessen Anhänger eine Niederlage bereiten. Er ließ zunächst seinen Sohn gefangen setzen. Ein Abkommen folgte und schließlich einigte man sich auf eine Mitregentschaft.
Während dieser Ereignisse war an der Südgrenze ein Macht-Vakuum entstanden. Der letzte männliche Babenberger Friedrich II., der in der Geschichtsschreibung nicht zu Unrecht den Beinamen „der Streitbare“ erhalten sollte, war in einem seiner vielen Kämpfe gegen die Ungarn in der Schlacht an der Leitha am 15. Juni 1246 gefallen. Er hinterließ keine Nachkommen. Seine Schwester Margarete hatte 1225 den aufmüpfigen Sohn Kaiser Friedrichs II. König Heinrich (VII.) geheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. 1242 wurde Margarete Witwe. Nach dem Tod ihres Bruders erhob sie Anspruch auf sein Erbe, auf die Herzogtümer Österreich und Steiermark. König Wenzel I. versuchte zunächst an das Erbe durch eine Hochzeit seines ältesten Sohnes Vladislav mit der Nichte Friedrichs II. Gertrud heranzukommen. Nach dem Tod von Vladislav heiratete diese Markgraf Hermann VI. von Baden, der sich allerdings im Land nicht durchsetzen konnte. Wenzel I. nutzte die Gunst der Stunde und marschierte im Herzogtum Österreich ein. Manche Quellen behaupten auch, die Stände hätten ihn zur Hilfe gerufen, um die herrscherlose Zeit zu beenden. Ottokar wurde als Statthalter eingesetzt.
Abb. 3: Margarete von Österreich, aus der sog. Zwettler Bärenhaut, 1310/11. tift Zwettl, Stiftsarchiv (© IMAREAL) |
Abb. 2: Stammbaum Rudolfs I., aus der sog. Zwettler Bärenhaut, 1310/11. tift Zwettl, Stiftsarchiv (© IMAREAL) |
Den ersten Feldzug gegen Ottokar II. Přemysl eröffnete Rudolf im Oktober 1276. Die mit ihm verbündeten Tiroler Grafen rückten nach Kärnten und Krain vor. Binnen kürzester Zeit fiel der Adel der beiden Länder ab und suchte die Verständigung. Genauso verhielt sich der steiermärkische Adel. Rudolf marschierte mit seinen Truppen in das Herzogtum Österreich, um auch hier den Adel auf seine Seite zu ziehen. In Regensburg gewann er mit Heinrich von Niederbayern einen weiteren Verbündeten. Der Preis war wieder eine Eheschließung: Rudolf und Heinrich verabredeten die Hochzeit ihrer beider Kinder. Die Donau ermöglichte einen raschen Transport der Truppen. Am 6. Oktober wurde Linz eingenommen; Enns, Ybbs und Tulln wechselten die Seiten. Auch Klosterneuburg konnte keinen Widerstand entgegensetzen. Das nächste Ziel war Wien. Die Belagerung der Stadt begann am 18. Oktober. Ottokar musste sich nicht nur gegen die Streitmacht Rudolfs wehren, auch die böhmischen Adeligen probten den Aufstand und König Ladislaus von Ungarn eroberte Ödenburg.
Die Lage war für Ottokar so hoffnungslos, dass er zu Verhandlungen bereit war, die im Frieden von Wien mündeten. Dieser brachte für ihn schwere Verluste: Er musste auf Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, die Windische Mark und Eger verzichten, die Königswürde Rudolfs anerkennen sowie Böhmen und Mähren als Lehen aus der Hand Rudolfs empfangen. Absichern sollte den Vertrag wieder ein Ehebündnis. Am 25. November fand die Belehnung statt. In der Folge hielten sich beide Seiten nicht an die getroffenen Abmachungen. Ottokar gelang es wieder Verbündete gegen den Habsburger zu gewinnen. Im Waldviertel erhoben sich die Kuenringer gegen den neuen Landesherrn. Am 20. Juli 1278 marschierte Ottokar mit seinen Truppen in Österreich ein. Er belagerte mehrere Wochen die Städte Drosendorf (18. Juli bis 3. August) und Laa (5. bis 18. August). Rudolf wartete unterdessen in Wien auf die Verstärkung durch ungarische Truppeneinheiten. Beide Heereskörper vereinigten sich bei Marchegg und provozierten durch Angriffe zur Aufgabe der Belagerung von Laa. Ottokar zog mit seinem Heer nach Südosten und schlug bei Jedenspeigen sein Lager auf. Rudolf lagerte auf der Hochebene zwischen dem Haspelberg und Dürnkrut. Von dort überblickte er die ca. 3,5 km weite Ebene zwischen Dürnkrut und Jedenspeigen und hatte gute Sicht auf das Lager Ottokars.
Ausstellungsansicht "Kriegsschauplatz NÖ" (© Landesmuseum Niederösterreich) |
Das Haupt gelegt in deines Dieners Schoß,
Und ist von deinem Prunk und Reichtum allen
Nicht eine arme Decke dir geblieben,
Als Leichentuch zu hüllen deinen Leib.
Den Kaisermantel, dem du nachgestrebt,
Ich nehm ihn ab und breit ihn über dich,
Daß als ein Kaiser du begraben werdest,
Der du gestorben wie ein Bettler bist.Bringt ihn nach Laa und stellt ihn fürstlich aus,
Bis man ihn holt zur Ruhstatt seiner Ahnen.“(Rudolf, in „König Ottokars Glück und Ende“)
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra