Erzählte Geschichte: Dadic - Rapp

Wer sich Peter Rapp einladet, der muss mit Konkurrenz bei der Moderation rechnen und auch mit der einen oder anderen Wuchtel. So geschehen beim Zeitzeugen-Forum „Erzählte Geschichte“ mit der Leichtathletin Ivona Dadic und TV-Legende Peter Rapp zum Thema „Deine Jugend – Meine Jugend: unterhaltsam oder sportlich?“ am 21. Mai 2019 im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich. Die Idee des Abends war angesichts der laufenden Sonderausstellung „Meine Jugend – Deine Jugend: Eine Generation schreibt Geschichte“ klar. An zwei praktischen Beispielen wollten die Moderator Reinhard Linke und Kurator Christian Rapp herausfinden, welche Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten die Jugenden dieser beiden Personen verbinden bzw. trennen.

Für Ivona Dadic war schon in der Volksschule klar, dass sie Olympiasiegerin im Laufen werden will. Das schrieb sie schon im Alter von neun Jahren in ihr Stammbuch. Damals hatte sie einen Wettbewerb erfolgreich für sich entschieden. Diesen Weg ging sie dann bis Olympia 2012 und 2016 konsequent weiter. Für dieses Ziel müsse man aber auch Opfer bringen, denn Ivona Dadic trainiert sechs Tage die Woche mit einem ausgeklügelten Trainingsplan, damit keine der sieben Disziplinen zu kurz komme. Das Verhältnis zu ihren Eltern beschreibt sie als besonders gut, wobei sie auch betont, ein sehr braves Kind gewesen zu sein. „Oft frage ich mich, warum ich das mache“, erklärte Ivona Dadic. „Solange es mein Körper aber zulässt, kann ich das auf hohem Niveau weitermachen.“

Von einer gänzlich anderen Jugend in der Nachkriegszeit erzählt Peter Rapp. „Ich bin als Straßenbub aufgewachsen“, meinte er. Seine Eltern waren nur zwei Personen, die zufällig an derselben Adresse wohnten. Von seiner Mutter hätte er allerdings seine Musikalität und den offenen Schnabel geerbt, zwei wichtige Werkzeuge für seine weitere berufliche Laufbahn. Unter Hunderten schaffte er die nahezu unmögliche Aufnahmeprüfung bei den Wiener Sängerknaben, flog drei Jahre später allerdings wegen einer Rauferei von der Schule im Augarten.

Erzählte Geschichte Gruppenbild„In meiner Jugend gab es ein Züchtigungsrecht für Ehemänner gegenüber ihren Ehefrauen“, betont Peter Rapp und scherzt: „Das haben sie dann aufgehört, weil die Frauen zurückgeschlagen haben.“ Und weiter: „Es gab noch ein Züchtigungsrecht für Kinder. Für Homosexualität ist man ins Gefängnis gegangen.“ Das habe sich grundlegend geändert, so Peter Rapp. „Wir haben in den 60er-Jahren mit langen Haaren und Rock and Roll alles erkämpft, was die Jugendlichen heute konsumieren. Die Anti-Baby-Pille war deswegen sinnvoll, weil sie gleichzeitig mit dem Minirock gekommen ist“, erinnert sich die TV-Ikone an seine Kindheit. Die weltgeschichtlichen Ereignisse erfuhr man aus der Wochenschau und aus dem Radio, ein wunderbares Medium, weil es die Fantasie anrege.

Die Jugend von Ivona Dadic war sicherlich durch den massiven Medienwandel geprägt: „Soziale Medien sind im Sport extrem wichtig geworden, alleine schon auf der Suche nach Sponsoren.“ Ihr privates Leben komme aber in diesen Kanälen bewusst nicht vor. Man solle nicht alles von sich Preis geben, so Dadic. Allein diese Maßnahme helfe gegen Hass im Netz. Und bei Angriffen sollte man diese weitgehend ausblenden und ignorieren, so die Sportlerin. Man dürfe sich auch nicht unter Druck setzen lassen, den manche Dinge gelingen eben und andere nicht. Bewusst Zeit nimmt sich Dadic, wenn sie Mädchen mit Zweifeln an ihrem Körperbild kontaktieren.

Erzählte Geschichte GruppenbildPeter Rapp, der sich auch in sozialen Medien bewegt, meint dazu: „Wenn man meinen Job macht, muss man Menschen mögen. Es gibt Leute, die betrachten dich wie deinen persönlichen Besitz und andere begegnen dir mit Höflichkeit, man muss damit zurechtkommen. Wenn man im Wohnzimmer präsent ist, gehört man eben zur Familie.“ „Wenn mir etwa jemand beim Abschied von Licht ins Dunkel schreibt: ‚Ich bin froh, wenn ich das blöde Gesicht nicht mehr sehen muss‘, dann schreibe ich zurück: ‚Das denk ich mir jeden Morgen beim Rasieren.‘“ Wichtig sei es, Menschen um sich zu haben, die auch wissen, wann man angesprochen werden will und wann nicht.

Der Kulturwissenschaftler Christian Rapp räumte dann ein, dass die Revolution von 1968 durchaus mit Anzug und Krawatte eine modische war. Peter Rapp meinte dazu, dass lange Zeit die Kostümbildnerin bestimmte, was er zu tragen hatte. Erst nach zähem Kampf konnte er es durchsetzen, bei der Millionen-Show eine Jeans tragen zu dürfen. Vergleichbar mit den Rolling Stones und den Beatles teilte sich die Mode damals in Rocker und Mods, Trends die durchaus wiederkehren. Denn Ivona Dadic trug eine Zeit lang gerne Glockenhosen, kann sich aber heute nur mehr Röhrenhosen vorstellen. Berufsbedingt trage sie fast immer Jogginghosen, zu gegebenen Anlässen dürfen es dann aber auch Stöckelschule sein.

Zu ihrer Zukunftsvision in 50 Jahren sagt Dadic, sie wollen mit Kindern und sportlich in Österreich leben und zuvor bei den olympischen Spielen in Tokio 2020 und Paris 2024 erfolgreich sein. „Wir haben dich alle ins Herz geschlossen und werden dir sowas von die Daumen halten“, so Peter Rapp abschließend.

Auf Facebook können Sie den Mitschnitt des Livestreams in voller Länge abrufen: https://www.facebook.com/MuseumNOE/videos/2342085276073206/?epa=SEARCH_BOX

 

Biographien:

Ivona Dadic ist 1993 in Wels geboren. Ihre Eltern flüchteten vor dem Bosnien-Krieg nach Österreich. Seit 2015 tritt sie für die Sportunion St. Pölten im Siebenkampf bzw. im Fünfkampf (in der Halle) an. Zu ihren größten Erfolgen zielen vier Medaillen und zwar Silber für die Hallenweltmeisterschaft in Birmingham 2018, Bronze für die Europameisterschaft in Amsterdam 2016, Silber für die Halleneuropameisterschaft 2017 und Bronze für die U23 Europameisterschaften im Jahr 2015.

Peter Rapp, Jahrgang 1944, war Wiener Sängerknabe und schlug dann eine journalistische Laufbahn ein. Sein Fernsehdebüt gab er 1963 bei der Teenager-Pary von Willi Kralik. Von 1968 bis 1978 moderierte er die Talente-Show Spotlight, weiters „Licht ins Dunkel“, „Die große Chance“, den „Wurlitzer“, „Wer A sagt..“, das „Millionenrad“ oder die „Brieflos-Show“.

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